Samstag, 4. Juli 2009

RLIT - Station 10b Wie Mogli durch den Karatoluwu Dschungel laufen und unter Windkraftwerken bei Tamarapadi nächtigen

(TAG 4) Am nächsten Tag sind wir (Pathi, Prasanth, Karthik der Freund, Purni und ich) mit dem Bus nach Udamalai und von dort aus nach Tamarapadi gefahren. Da kommen sie ursprünglich her und wollte mich unbedingt dahin mit nehmen und da ich das nächste Kind nicht erreichen konnten bin ich spontan mitgekommen. Und ich habe es nicht bereut. Eine atemberaubende Kulisse gibt es, wenn man in diese Richtung fährt. Hunderte von Windkraftwerken in der Landschaft. Vor dem kleinen friedlichem Dorf eine riesige Brüterei.

Kloserie: In der Abenddämmerung musste ich dann mal auf die Toilette, so was gab's natürlich da gar nicht, also sind wir raus auf's Feld, unweit von 'nem riesigen Windkraftwerk (gerade mal geschätzte 30 m) durfte ich mich dann aufs Feld dazu bequemen...

Geschlafen wurde übrigens draußen mitten auf der Straße auf einer Bastmatte! Was in der Früh ziemlich kalt werden konnte, so musste man sich leicht zu decken. Ganz in der Früh um 5 sind manche einfach in's Haus um weiter zu schlafen, alle anderen sind um die Uhrzeit aufgestanden.

(TAG 5) Kaum gegessen sind wir zum Bus gerannt um nach Udayapaliam / Karatoluwu zu fahren. Um dort im Fluss zu baden und zu planschen...

Kloserie: Auch sehr interessant, dort geht man im Schilff auf Steinen auf's Klo, was ich mir natürlich nehmen lassen hab... ;) Komisches Gefühl, aber wenn nicht andauernd Leute vorbei gehen würden, dann hat dass schon irgendwie ein gutes Ambiente!-)

Dann haben wir noch versucht kleine Fische mit Tüchern zu fangen (nur zum Spaß) und sind dann zum Tempel gewartet, als es nicht mehr weiter ging, sind wir auf Land über Wurzeln, Steine zwischen Schilf und Gras und Erde entlang gelaufen, wo die Pathi schon auf uns gewartet hat. Es war ein Gefühl wie Mogli durch den Dschungel zu laufen, denn man hatte keine Schuhe und keine Klamotten außer eine Badehose und ist tatsächlich durch eine Art Dschungel gelaufen... war irgendwie auch ein unbeschreiblich lustig und schönes Gefühl!

Wir mussten dann zu Fuß nach Hause laufen, weil der Bus nur jede Stunde kommt und wir ihn gerade verpasst hatten.

Da wir uns die Zeit vertreiben wollten bis die zwei Mütter und Sathi ankommen sollten, bin ich dann mit Pathi Tee trinken gegangen, wo dann nur ich Tee getrunken habe, denn Pathi wollte sich irgendwo noch Alkohol kaufen ;-/ liegt wohl leider in der Familie! Dort hat sie dann noch einen Freund getroffen der mit dem Fahrrad da war, der aber mit ihr nach Hause gehen wollte. So hab ich das Fahrrad bekommen und durfte mit demwohl ältesten Drahtesel auf dem ich jemals gesessen bin, nach Hause fahren.

(TAG 6) Am letzten Tag haben wir dann vormittags noch ein paar Verwandten besucht, unter anderem ein Onkel (keine Ahnung des wievielten Grades) der gutes Englisch spricht, auf der Bibelschule in Ooty war und seinen Namen in Steven geändert hat und mit der Familie so gut wie nichts mehr zu tun hat. Allerdings interessant war es ihn kennen zu lernen, denn er ist Sänger bei dem tamilischen Fernsehsender "Raj TV". Nach'm Essen durfte ich dann gehen.

Alles in allem hatte ich natürlich weniger Zeit bei Prasanth's Familie eingeplant, aber sie haben mich so sehr in ihre Herzen eingeschlossen, dass es schwer war sie zu verlassen, sie haben sogar geweint. Und noch heute rufen sie mich des Öfteren an und beklagen sich, warum ich denn nicht nochmal vorbei komme und erzählen mir wie sehr sie mich vermissen und wie viel sie weinen mussten...

Es ist echt erstaunlich wie sehr mich die Familien in ihre Herzen geschlossen haben - nicht nur hier, sondern auf der ganzen Tour - und wie sehr sie einen vermissen, dass sie sooft anrufen um einen wieder einzuladen. Auf der anderen Seite ist es wieder weniger verwunderlich, denn das gibt es hier in Indien viel zu selten, dass sich jemand mal die Probleme von einem anhört, sie dadurch mindert, indem er mit den Leuten Spaß hat und sie zum Lachen bringt und sie so verwöhnt, wobei ich immer "predige" das sie doch glücklich sein sollen und Spaß haben sollen!

RILT - Station 10a Als Actionhero aus dem Kino ins Damunager Slum laufen

So jetzt hab ich euch lang genug hingehalten. Es folgt der zweite Teil der Real Life India Tour 2009 Serie.

Nachdem ich mit meinen Freunden Marcus und Moritz für zwei Wochen im Urlaub war, hab kurz eine kleine Pause für ein paar Tage zu Hause in Coonoor gemacht und dann konnte es weiter gehen. Jetzt aber mit einer indischen Sporttasche ausgerüstet und frisch gewaschenen Sachen.

(TAG 1) Eigentlich wollte ich ja zu erst Divya und Deepa (wer sich noch erinnert Deepa, das "Gottmädchen") so wie es vereinbart war mit ihnen. Doch als ich mit gepackten Sachen nach Ooty gefahren bin, um dort weitere Fahrinstruktionen per Handy entgegen zu nehmen, wurde mir gesagt, dass Deepa in eine andere Stadt gefahren ist und auch sonst nicht alle zu Hause sind, deswegen solle ich doch wann anders kommen. Kurz dazu das wollen sie nach wie vor, so sollte ich eigentlich dieses Wochenende bei ihnen verbringen, doch dafür hab ich jetzt leider keine Zeit.

So hab ich spontan bei Prasanth zu Hause angerufen ob ich kommen kann. Und da antwortete die Mutter oh ja bitte, wir warten eh schon ewig darauf! ;) So hab ich einfach den Bus aus Ooty nach Coimbatore genommen.

Prasanth ist einer der wildesten Schüler, nett und lieb, aber ein starkes Temperament. Wenn jemand ihn beleidigt, dann wird nicht lange gefackelt, dann gibt's was auf die Schippe und es ist schwer ihm zu erklären, warum dass nicht unbedingt immer der beste Weg ist!

Am großen Busbahnhof wartete ich dann bei der großen Brücke und fühlt mich typisch wie in einem Bollywoodstreifen. Wie z.B. in Slumdog Millionaire als Jamal am Bahnhof nach Latika Ausschau hält und da einfach nur tausende von Indern sind, genau so war es bei mir und dann auf einmal sieht man das bekannte Gesicht, was einem strahlend zulächeld und auf einen zugelaufen kommt. Man mag gar nicht glauben, dass man einen einzelnen Menschen in so einer gewaltigen Menge doch vorher findet, bevor er bei einem ist.

Er war überglücklich mich zu sehen, denn er meinte, dass er es immer noch nicht glauben könnte, dass ich gekommen war um echt sein bescheidenes Haus zu sehen, er dachte das sei alles nur Gerede gewesen. Was bei Indern oft vorkommt sowas wie: "Ja, ich komm Dich dann mal besuchen." oder "Ja, besuch mich einfach! Komm doch zu mir nach Hause!" ist nicht immer Ernst gemeint.

Er wohnt in einer Art betoniertem Slum und zwar nicht wie manche in den reicheren Häusern am Anfang sondern ganz am Ende, wo man noch kurz über ein übelst verdrecktes Bächlein über zwei Steine gehen muss, in einer Hütte. Aber sie haben einen TV und einen Ventilator (was man haben muss wenn man Strom hat, was ich auf der Tour gelernt habe). Dort lebt er mit seinem kleinen Bruder Aravinthan (Spitzname Veera) und seiner Mum und seiner Pathi (in vielen indischen Sprachen steht das für Oma). Pathi ist die einzige die arbeitet in der Familie und zwar als Straßenfegerin der "Stadtwerke".

Nachdem wir zum Mittagessen Reis mit Fisch gegessen haben sind wir (Prasanth, 2 Freunde von ihm und ich) in einen Park gegangen. Nun unterscheidet sich dieser Park von einem deutschen Park ganz deutlich. Denn in dem Park sind Dinge wie eine Propellermaschine, ein paar Brunnen und andere Attraktionen ausgestellt. Zu allem Überfluss gibt's dann noch ein echtes eingezäuntes großes Kamel und einen kleine Eisenbahn, die allerdings 1,50 Rs pro Person Eintritt kostet und nur lächerliche 2 Runden dreht und man dabei Angst bekommt, dass die Bahn nicht die Kurve kriegt und entgleist. Aber die tolle Fahrt haben wir uns natürlich nicht nehmen lassen!-)

Im Gegenteil zu diesem Park sind wir dann zum Park gegenüber, der einfach nur ein größerer Spielplatz war, hier musste man allerdings 3 Rs Eintritt pro Person zahlen. Nun ja die Inder wissen wo sie Geld machen! Ich habe noch nie einen so überfüllten Spielplatz gesehen und das trotz Eintritts. Es waren weit über 500 Leute auf dem Spielplatz, man musste sogar Schlange stehen um rein zu gehen! Was richtig cool war: es gab zwei betonierte Flächen, die nur für Rollerskates und Inlineskates reserviert war und da sind auch 3 Kinder richtig professionell gefahren. Allerdings weis ich nicht was ich davon halten soll, denn die sahen mal null motiviert aus und haben dass nur dem überambitioiertem Vater am Rand zur "Liebe" getan. Schrecklich eigentlich.

Nun ja nachdem sich die Jungs mächtig ausgetobt hatten sind wir nach einem "Zuckerrohrdrink" (gepresstes Zuckerrohr mit Eiswürfel) mit dem Bus nach Hause gefahren.

Nach einem kurzen Besuch bei Prasanth's Mutters kleiner Schwesters Familie - konfus ich weis, aber so ist das immer - wo der Vater besoffen war (auch leider üblich) konnten wir Abendessen. Super lecker Paratha mit Chicken!

Dann durfte ich die "nette" Bekanntschaft mit Prasanth's Onkel machen. Der jeden Tag ein bisschen besoffen ist und was gefasselt hat von wegen er sei der "All-in-all-King" und das mit ihm seit seiner Kindheit keiner mehr redet, denn er erledigt alle! :-/

Was interessant war wir sind von einem Teil des "Slums" in den anderen Teil auf der anderen Straßenseite gegangen, denn ich durfte beim Onkel schlafen, wo es weniger Mosquitos gibt, war das es Slumwächter gibt. Die haben uns gleich mal aufgehalten und gefragt ob es ein Problem gibt und was ich hier mache. Aber so ist das wahrscheinlich überall, dass am Eingang mehrere Wächter stehen und wenn es Probleme gibt, werden gleich alle Freunde & Verwandte geholt! So sind wir aber vorbei an den zig Slumdogs - unglaublich wie viele Hunde es da gibt - zum Haus gegangen.

Das Haus des Onkels ist immerhin aus Beton, er hat keinen TV, dafür aber eine Stereoanlage, wo noch der Radio fuktioniert. Schlafen durfte ich auf Schaumstoff. Kennt man in Deutschland aus Baustellen! Genau auf so einer gelben Schaumstoff-"Matratze" durfte ich nächtigen, während Prasanth auf einer Bastmatte neben mir wachte.

(TAG 2) Zum Frühstück gab's leckere Dosai mit Tomatenchuntey, dann ging's (Achtung Kloserie) zur Public Toilet. Wo man auf's Klo gehen kann und sich u.a. auch Duschen kann, beides natürlich gegen Entgeld. Das Klo (Loch im Boden mit Keramik Fußstapfen) war sauberer als normale Klos hier. Aber mich würde mal interessieren wer hier das Geld eintreibt, der Staat? Ist nämlich in einem so verdrecktem Ort eine gute Einnahmequelle auch wenn viele darauf verzichten hier aufs Klos zu gehen, gehen doch noch genug Leute rein!

Nachdem wir einen Teil von "Ong Bak" (bekannter Kampffilm, vor allem unter Tae-Kwon-Dolern) gesehen hatten, sind wir mi'm Bus zu einem Tümpel/Fluss gefahren. Wo wir riesen Spaß hatten.

Dann natürlich zurück pünktlich zum Mittagessen: Reis, Ei ud Chutney. Nachdem ich ein bisschen in meinen "Denkanstöße 2009" geschmöckert habe, durfte ich dann duschen. Üblich in Indien außen am Haus, durch einen Bananenblattzaun abgetrennt mit einem Tuch um der Hüfte konnte ich mich mit einem abgeschnittenem Benzinkanister mit Wasser überschütten, wobei ein paar Jungs mit ein wenig Abstand zugeschaut haben, was erst ein bisschen komisch war. Aber man darf das alles nicht so eng nehmen und dann fand ich's irgendwie ziemlich lustig!-)

Dann sind wir alle zusammen (Prasanth, Bruder, Mutter, Pathi, Onkel, Prasanth's Mum's Schwester, ihr Mann und die zwei Töchter) zu einer Hochzeit gefahren, wo's als erstes natürlich Essen gab. Nach der Hochzeit hatte der Onkel (ziemlich Säufer und Unsympat) einen großen Streit mit seiner Frau. Davor hatte er mir noch erzählt, dass er seit einem Jahr schon nicht mehr mit ihr redet, die Scheidung schon eingereicht ist und er früher fitter war als jetzt, denn der Alkohol habe ihm zugesetzt. Wenn man das merkt, ist es dann nicht an der Zeit es zu ändern..?

In der Nacht gab's dan noch ein kleines Drama, da die Familie mich schützen wollte und gemeint habe ich solle die Sachen packen und bei ihnen schlafen, doch Prasanth, seine Freunde (Karthik & Vichy) und ich sind einfach im Haus geblieben und haben die Tür verriegelt, dass wenn der Onkel besoffen randalieren will, nicht rein kommt.

(TAG 3) Den nächsten Tag haben wir erst mal etwas ruhiger angehen lassen mit gebratenem Brot mit Ei zum Frühstück und dann bei Tamil (Prasanth's Mum's Schwester), Purni & Sathia (den zwei Töchtern, die ich (und umgekehrt) ab dem ersten Tag schon liebgewonnen hatte und ihrem Dad Roti plus Kolumbh (=Sauce) zum Mittagessen. Abends hab ich es dann geschafft Prasanth, Sathia, Purni und beide Mums ins Kino einzuladen, was sie - wie sie sagen - nie vergessen werden. Wir haben ein "Auto" (=Rikscha) zum Kino genommen, wo ich gerade mal 10 Rs pro Ticket zahlen musste. Wir waren in dem neuen tamilischen Superhit Ayan, der übrigens echt gut ist, zweitbester tamilischer Film den ich bis jetzt gesehen habe. Spielt nicht nur in Indien, sondern auch im Kongo und in Malaysien und handelt von der Geschichte eines Schmugglers. Ist unvoraussehr bar und mit Witz und Story echt gut! Danach haben wir vor dem Kino noch Nuddeln zu Abend gegessen und den Rest des Abends werde ich wohl auch nicht vergessen.

Denn wir sind dann in einen monsunartigen Regen reingekommen und konnten in einen Bus in die Richtung flüchten, doch von der dortigen Busstation aus ging's sicher noch zwei km bis nach Hause und keine Rikschas waren frei, so mussten wir laufen. Die kleine Purni konnte natürlich nich so schnell, also bin ich wie eine Actionhero in den Filmen mit ihr auf den Armen durch den Regen gerannt, was richtig lustig war und irgendwie hat es uns allen Spaß gemacht... :) Beide Mütter sind dann in ihr entsprechendes Haus und wir 4 sind in "unser" Haus, wo natürlich keiner trockene Kleidung hatte außer ich, so hab ich den 3 erst mal meine T-Shirts gegeben und danach haben wir noch eine lustige Tanz- und Fotosession hingelegt, bis Purni erschöpft in meinen Armen eingeschlafen ist.

War echt ein super toller Abend, den auch ich nicht so schnell wieder erleben werde!

Taare Zameen Par - Every Child Is Special


So heute hab ich mal wieder eine Empfehlung für Euch.

Ich habe soeben den Film "Taare Zameen Par - Every Child Is Special" komplett auf Hindi ohne Untertitel gesehen und war zu Tränen gerührt. Nach kurzer Recherche hab ich heraus gefunden, dass der Film auf Deutsch "Ein Stern auf Erden" heißt.

Er ist auf jeden Fall sehenswert, untypisch indisch mit keinen Tanzszenen, dafür aber mit einer tollen Story, wie ich mir sie sehr gut im typisch indischem Alltag vorstellen kann. Der Film zeigt fast schon brilliant die Einstellungen in den Köpfen der meisten Indern.

Wenn ich alles richtig verstanden habe :) geht es um den kleinen Ishant, dessen Gehirn die Welt ein bisschen anders aufnimmt als die der anderen. Dafür wird er gehänselt, beschimpft und diffamiert. Er wird zurück gestuft und in ein für Indien typisches Hostel gesteckt, wo er keine Belastung für die Familie (vor allem den Vater) darstellt. Auch die sich unterordnende Mutter und der Bruder sind typisch für Indien, denn sie wollen den kleinen Ishant eigentlich nicht weggeben, trauen sich aber nicht gegenüber dem Vater etwas zu sagen.

Nun ja ein bisschen hervorsehbar findet Ishant dort einen Mentor, der dann alles zum Guten wendet...

Eine unglaublich faszinierende sowie mitreisende Geschichte, die ganz gut zeigt, wie es hier in Indien zu geht. Unbedingt anschauen!!!