Freitag, 3. April 2009

Alltagsarbeit bleibt immer noch Arbeit

So für all diejenigen die immer meinen, dass wir hier nicht arbeiten, denen wollte ich jetzt mal ganz ehrlich auflisten, was wir hier zur Zeit wirklich alles arbeiten und gleich noch eine Rechtfertigung hinter her, wir arbeiten "nur" das, weil uns alles andere verwehrt wird, weil sie hier keine Veränderung haben wollen und uns eigentlich nur hergeholt haben, damit sie Geld bekommen (2500 Rs pro Volunteer pro Monat) und wirkliche Mehrausgaben zu haben.

Aber nun zur Arbeit:

  • Morgenstunden beim HM bei der wir versuchen durch leichte Konversation ihm Englisch beizubringen. Außerdem lehren wir ihm jede Menge Sachen am Computer und im Internet, wo er mittlerweile durch unsere Hilfe schon mehr als ein Fortgeschrittener ist. Dazu kommen noch kleine Aufgaben: z. B. hab ich letztens für einen Vorgesetzten vom Headmaster ein Railway-Ticket online gebucht, geändert und ausgedruckt, oder ein anderes Mal, als ich einen Brief an einer Universität in seinem Namen schreiben musste, für die er Examen abhält,...
  • Gespräche mit den Kindern führen, die vor allem weil ich die Sprache spreche und wo anders herkomme, psychologisch wichtig für sie sind/sein können. Denn sonst haben sie nur die anderen Hostelkinder, die aus den selben Verhältnissen kommen wie sie, die Wardens, die auch wie sie aufgewachsen und erzogen wurden und auch aus den selben Verhältnissen kommen und dann natürlich noch die 2 "Chefs" Nagaraj & Siva, die beide korrupt sind, sich nicht wirklich Zeit nehmen für ausführliche Gespräche und auch keine Ahnung von der Welt um sich rum haben. So ist es enorm wichtig für sie, dass sie jemanden zum Reden haben, der die Welt auch von der anderen Seite kennt. Außerdem bin ich 24h/7 für sie verfügbar.
  • Erklärungen für die Kinder Geographieunterricht geben. Neben sich einfach so zu unterhalten versuche ich Ihnen auch was beizubringen von der Welt. So gebe ich sozusagen z. B.und erkläre ihnen, wo Deutschland, England, Australien oder die USA liegen und was man da für verschiedene Kulturen hat. Warum ein Deutscher oder ein Ami nicht unbedingt immer soviel mehr Geld zum Ausgeben hat wie ein Inder oder was genau ein USB-Stick ist und warum man so etwas ganz nützlich ist usw. Auch ganz unerwartet Fragen kommen dann auch manchmal zu Tage. Letztens musste ich z. B. sexuelle Aufklärung machen, denn so was wird in Indien gar nicht in der Schule gemacht. So musste ich einem 10. Klässler erklären was Kondome sind und für was man die gebraucht usw. Naja was soll ich sagen, ich dachte nicht, dass ich das so früh im Leben schon mal erklären muss, aber ich glaube ich habe mich wacker geschlagen...
  • Englisch unterrichten tun wir auch, wenn es auch offiziell erst ab nächstem Schuljahr in der Schule dürfen. Aber so versuche ich es immer wieder neben bei einzubauen, was sehr schwer ist, denn mit mir reden alle Tamil, weil sie wissen, dass ich es kann. Aber versteckt lernen sie dazu, wenn es auch nur darum geht, wie man höflich auf Englisch um Eintritt erbittet oder etwas ausleihen will. Am meisten lernen sie, wenn sie mit jemandem reden müssen der nur Englisch kann. So hab ich Alisa n Mo letztens angerufen und hab die Kids reden lassen, die so dann bei jedem zweiten Satz nach gefragt haben, wie man das jetzt fragt...
  • Nachhilfe geben und bei den Hausaufgaben helfen haben wir zwar in letzter Zeit eher weniger, allerdings tun wir es dennoch ab und zu, obwohl wir ihnen nicht all zu viel dabei helfen können, da selbst in Mathe die Aufgaben dann in Tamil zu erklären einfach zu schwer für mich ist. Aber in Englisch geht es, wenn sie nur wollen!
  • Spielen mit den Kids kann man auch herunter spielen als keine Arbeit, aber es ist es eben doch, denn man kann ihnen erstens auch das näher beibringen und lernt ihnen unterdessen vielleicht noch ein paar Tugenden wie Gemeinschaftsinn oder ähnliches...
  • Geräte/Spiele ausleihen ist auch Arbeit. Vor allem, wenn man wie ich meistens um 7 Uhr morgens dafür extra aufsteht und dann fast alle 10 Minuten jemand kommt und man immer alles eintragen muss... und dazu noch aufpassen muss, dass auch alles wieder heil zurück kommt.
  • Kreativ sein heißt außerdem die Parole, wenn dann mal nichts zu tun ist, dann muss man sich eben was einfallen lassen oder sich andere Arbeit beschaffen. Wie z. B. Fußballtraining oder auch wie jetzt, ich mache gerade Abschiedsgeschenke für die 10. Klässler, die ab dem 8. April die Schule und das Hostel für immer verlassen, was für sehr traurig ist, denn unter ihnen sind einige meiner Lieblingskinder. Wir machen ihnen jetzt allen einen Becher eingraviert mit unseren und ihren Namen, dazu bekommt jede/r ein Gruppenbild plus bis zu 3 Bilder von ihnen (und Freunden), die ich im Laufe der letzten 7 Monaten hier gemacht habe. Bilder aus 16 GB Fotos auszusuchen ist auch nicht gerade wenig... ;-)
  • Ansonsten werden wir dann doch auch mal ab und zu in's Geschehen vom Ashram mit eingebunden und dürfen zum Beispiel beim Verteilen von Sachen helfen oder müssen bestimmte Sachen weitergeben oder darauf aufpassen, dass die Kinder ruhig sind, usw.
So ich hoffe ich habe alle meine Kritiker hiermit zum Verstummen gebracht... ;-)