Samstag, 6. Juni 2009

RLIT - Station 9 Der Ruf des Elefanten bei Malambalam

In Gudalur angekommen wurde ich gleich von Usha und ihrer Pediamma (tam. älteste Tante, älter als Mutter/Vater) am Bus Stand abgeholt. Usha freute sich riesig mich zu sehen. Auch sie ist eine meiner Lieblingsschülerinnen. Sie ist total lieb und verehrt ihre Freunde über alles, so hebt sie z.B jede einzelne Verpackungsfolie auf, von Süßigkeiten, die sie von ihren Freunden bekommen hat (nicht viele). Sie ist die einzige die immer am Lachen ist und mit ihr kann man immer Spaß haben, wenn sie nicht gerade lernen muss. Genauso wie die „Gudalur Girls“, von denen mein letzter Blog in Erumad und Pothukolly handelt, hat sich Usha immer für mich eingesetzt.

So zum Beispiel, sorry aber ich muss dieses elendige Thema ansprechen, haben meine tollen korrupten Chefs bei manchen Kids angerufen und wollten, dass sie mich nicht zu ihnen lassen. Ihr Grund war natürlich ihre panische Angst, dass ich mehr über die Missstände hier im Ashram aufdecken kann und erfahre was hier noch so alles schief läuft, was ich auch habe! Er hat ihnen erklärt, dass ich ein ganz schlechter Mensch sei, auch schon aus dem Hostel geworfen wurde und eh nicht mehr für sie arbeite, was natürlich alles erstunken und erlogen ist. Er hat aber nicht mal die Courage gehabt mich selbst zu fragen wohin ich gehe, geschweige denn mich anzurufen und zu fragen wo ich bin. Auch als ich zurück zum Ashram kam, kam kein Wort darüber auf…Na ja da haben sie nicht mit meinen Kids gerechnet, die mich trotzdem aufgenommen haben.

Usha’s Mum wollte mich aber nicht da haben weil sie Nagaraj Glauben schenkte, doch Usha hat gemeint das sei ihr egal und hat solange mit ihre gestritten bis ich kommen konnte. Übrigens hat sich ihr schlechtes Bild von mir sofort geändert als ich dort war, als ich gehen wollte, versucht die Mutter mich noch zu bleiben zu animieren, was ich leider nicht konnte und sogar am Telefon hat sie mich jetzt schon des Öfteren eingeladen und fragt wann ich wieder komme. So viel dazu…

Mit der Rikscha ging’s so weit es ging bis an eine Dorfsgrenze, wo auf einmal helle Aufruhr war. Zig Leute liefen brüllend in den Wald, über die Felder, über die Straßen durch die Palmen hindurch, hunderte andere kamen hingegen schreiend wieder aus dem Wald gerannt.

Ein Elefant hatte in seinem Zorn eine Kuh erlegt und ein Haus komplett zerstört. Nun kamen die ängstlichen aus dem Wald gestürmt, andere mutige Leute hingegen liefen in den Wald hinein um ihn mit vereinten Kräften zu vertreiben.

Für uns hieß das aber, dass eigentlich der einzig passable Weg zu ihrem Haus versperrt war. Nach ca. einer halben Stunde überlegen und es so aussah, dass sie den Elefant nicht in Griff bekommen würden, gab’s die riskante Entscheidung über einen Umweg zu ihrem Haus zu gelangen, was sich als richtiges Abenteuer heraus stellte!

So ging es erst mal von der Straße runter zwischen den Feldern hindurch auf einer rutschigen matschigen Erhöhung, wo man keine 2 Füße nebeneinander stellen konnte. Es war hier schon ziemlich zu balancieren mit meinem Traveler-Rucksack, doch wäre mir eigentlich nichts passiert wenn ich runter gefallen wäre, denn es ging ja nur ca. einen halben Meter runter in’s Feld…

Dann konnte man aber den Elefant lärmen hören und Rufe aus unserer Nähe, er kam anscheinend in unsere Richtung also mussten wir laufen…

Bis wir zu einer gefährlich aussehenden Brücke kamen! Die Brücke bestand nur aus einem Bambusstamm, der windig aussah. Es waren aber ein paar schlaue Menschen auf die Idee gekommen auf Hand Höhe einen Draht vom einem zum anderen Ende zu spannen, der allerdings auch schon durchhing. Es war ziemlich gefährlich, denn drunter war ein Fluss, der auch nicht all zu tief war und große fette Steine hatte. Pediamma hat sich dadurch wenig beängstigen lassen und ist einfach drauf losmarschiert. Da es keine andere Möglichkeit gab, war ich als nächstes dran und das mit meinem riesigen Rucksack auf dem Rücken. Pediamma Spannte den Draht am anderen Ufer, womit es ein wenig leichter war, doch als ich genau in der Mitte war, kam wie in der berühmten Szene in einem Film eine kleines Lüftchen, dass fast das Aus für mich gewesen wäre. Ich konnte mich gerade noch halten. Langsam, wacklig setzte ich einen Fuß vor den anderen bis ich schweißnass endlich das andere Ufer erreichte. Nun war noch Usha dran, die meinen blauen Rucksack trug. Bei ihr fast dasselbe nur noch ein bisschen krasser, sie sah so wackelig aus, dass ich einen Schritt in ihrer Richtung gemacht hab um sie halb aufzufangen...

Letztendlich haben wir es geschafft und – da sind Usha und ich uns einig – werden wir das sicher nie vergessen! Aber wir hatten noch nicht mal den halben Weg hinter uns, nun ging es weiter auf einer kleinen Straße, wo wir beim vorübergehen einen verwüsteten Stall gesehen haben, wo auch der Elefant durchgerannt war. Schließlich ging es dann Berg auf durch einen richtigen Wald, wo mir schon klar war, dass es hier fast nichts mehr geben wird. Als wir aus dem Wald heraustraten erbot sich mir ein toller Blick über ein riesiges, grünes, idyllisches Tal, was das Dorf Malambalam darstellt.

Dort war dann auch gleich das Haus. Das echt schön war. Es ist komplett aus Lehm, bis auf das Dach, das aus Ziegeln besteht. Durch den Lehm und da es keine Fenster gibt ist es super schön kühl innen. Sie haben einen größeren Vorhof und einen kleinen Bereich der von einem geflochtenem Bananenblattzaun (wird hier im Süden sehr oft verwendet) und einem Tuch als Dusche abgetrennt ist, worin man natürlich mit Eimern duscht, die man davor hoch getragen hat. Neben dem freien Vorhof ist auch noch eine große Ananas und Bananenplantage, die ihnen gehört.

Der Platz ist so friedlich und abgeschieden, dass er der perfekte Platz für einen Künstler, vor allem für Maler, wegen der schönen Szenerie ist. Also falls jemand mal Ruhe haben will und sich ab und zu nicht all zu oft, von einem fernen Ruf eines Elefanten (war kein Einzelfall, passiert ab und an mal hier) nicht stören lässt, kann ich den Platz hier wärmstens empfehlen und die Familie ist auch so super nett, dass sie jeden herzlich willkommen heißen würde.

Erst mal haben wir ein bisschen geplaudert, dann haben wir die Schwester die nahe wohnt besucht. Sie hat ein Haus, wie es einige hier haben und zwar ist hier das Dach auf dem Boden und dass Haus wurde sozusagen in den Boden rein gegraben, so dass man sich sehr ducken muss um rein zu kommen. Keine Ahnung wie alte Personen da ein und aus gehen sollen.

Abends gab es dann Reis mit Spinat und vor dem Schlafen gehen wurde natürlich noch einiges geplaudert bei Kerzenlicht. Die Kerzen sind hier aus Flaschen gemacht in die Öl gekippt wurde und ein dicker Dicht drinnen steckt.

Kloserie: Da das Ablassen von Exkrementen mit unter an den verschiedensten Plätzen war auf meiner Reise, werde ich auch davon ein bisschen berichten. Wem das zu ekelig ist, kann ja einfach weiterscrollen.

Hier auf jeden gab es natürlich kein Klo, so musste man einfach die Bananen/Ananas Plantage hoch laufen und sich da ein geeignetes Plätzchen suchen, was für mich ziemlich komisch war, denn bis jetzt hatte ich das immer geschickt vermeiden können, doch hier gab es keinen Ausweg. So hinterließ ich meine Fäkalien zwischen einem Ameisenberg und einem Termitenhügel, ein bisschen weg von den Bananen & Ananässen.

Am nächsten Tag als wir auf den Bus warteten um von Malambalam nach Gudalur zu kommen haben wir einen Transvestiten getroffen, was ich für eine kleines Dorf unmöglich gehalten hätte, denn so was ist ja in Deutschland schon schwer, war hier eigentlich überhaupt kein Problem.

Sie (Usha & ihre ältere Schwester Meena) haben mich dann noch zum Bus gebracht und mir gewunken bis er abgefahren ist…:)

Zur Situation: Usha lebt mit ihrer Mum und 2 älteren Schwestern abgeschieden in Malambalam. Sie hat das beste Englisch im Hostel unter den Mädchen gesprochen. Hat, weil sie in der 10 Klasse war und damit die Schule beendet hat. Mit ca. 380 Punkten von 500 war sie eine der besten Schülerinnen. Sie wollte eigentlich in Ooty in ein Hostel und dort +1, +2 machen, was ungefähr unserem Gymnasium entspricht. Allerdings lässt ihre Mutter sie wahrscheinlich nicht und will sie irgendwo in Gudalur unterbringen.

Die allein erziehende Mutter arbeitet in einem „Social Welfare Office“ oder so, was genau sie da macht, weis ich nicht. Allerdings hat sie ab und zu während der Arbeit Ausländer kennengelernt, die auch mal sehen wohnen wie die Leute hier so leben, also war ich nicht der erste „Weiße“ der bei ihnen zu Hause war.

Der Vater ist angeblich abgehauen, als Usha noch ein kleines Kind war, er lebt nun wo anders und Usha hat ihn nie mehr zu Gesicht bekommen.

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