Sonntag, 12. April 2009

Wie die Inder Ostern feiern...

Die Stadt ist bombenvoll, es tönt von überall her laute Musik, es leuchtet tausende von Lampen, die Menschen tanzen, singen und feiern, ein Mann predigt von der Bühne und sogar das Feuer ist mitten im Markt entfacht, einen Spaziergang gibt es auch und gutes Essen wurde auch vorbei gebracht...

Nun könnte man fast auf die Idee kommen, dass das eine indische Variante des Osterfestes wäre, nur leider war meine Überschrift nur ein "Eyecatcher" und das Feuer kein Osterfeuer, der Spaziergang kein Ostermarsch, die Lichter keine Osterkerzen, das Essen kein Osterschmaus, der Bühnenpredigt kein Ostergottesdienst und auch sonst war nichts österliches in meiner kleinen indischen Heimatstadt heute zu entdecken...

Es handelt sich hierbei lediglich um ein hinduistisches Fest, dass hier ziemlich groß gefeiert wurde, vielleicht auch schon die beginnenden Feiern für das morgen am 13ten heranbrechende tamilische Neujahr, das Kerala Neujahr folgt übrigens gleich am Tag drauf am 14ten.

Dennoch war es mal wieder beeindruckend zu sehen wie ausgelassen die Inder feiern können und wie primitiv so was mal wieder sein kann. Denn es saßen ca. 100-200 im Markt um einen Catwalk aus glühen Kohlen. Dazu ertönte laute Musik, die Leute sangen und tanzten außen rum und natürlich auch da nach, wenn sie von dem Laufsteg kamen, denn ihre Füße rauchten ja... ;) Der ganze Marktbereich war schön mit Lampen und sonstigem dekoriert und natürlich plärrte wieder irgendein Inder wie bekloppt von der Bühne, was aber heute - und dafür bin ich dankbar - in tönender Musik von den anderen Lautsprechern unterging!

Also um mich kurz zu halten wünsche ich Euch nicht wie der Papst in 63 verschiedenen Sprachen Frohe Oster, sondern hoffe einfach, dass jeder seinen Spaß beim Eiersuchen, verzehren, bemalen oder was auch immer ihr damit gemacht habt, hattet...

Und ja zum Schluss bleibt mir nur noch zu sagen, falls noch ein Ei fehlt, dann guckt doch mal in's Telefonbuch, aber das ist wieder 'ne andere Geschichte, die erzähl ich euch wann anders mal... ;-)

Samstag, 11. April 2009

Ankündigung: "Real Life India Tour 2009"

So ich muss Euch mal über die Änderung meiner Reisepläne berichten. Ich werde nun nicht mehr wie ich es vor hatte in den Norden reisen um Taj Mahal in Agra, Kamelsafari in Rajastan usw. zu machen, sondern werde etwas ganz anderes machen.

Ich werde versuchen die meisten meiner Hostelkids zu Hause zu besuchen!

Wieso auf einmal der Sinneswandel? Nun ja ich war gerade im Bus mit Pathi auf dem Weg zu einer meiner ehemaligen Schülerin als mir die Eingebung kam. Und zwar kammen mir folgende Gründe in den Sinn:

1) Die Kinder fragen mich die ganze Zeit, ob ich sie zu Hause besuchen komme.

2) Ich hätte nur gut 3 Wochen oben im Norden und doch will ich dort so viel sehen, also mach ich das doch lieber ein anderes mal seperat und nimm mir mehr Zeit.

3) Dinge wie das Taj Mahal und eine Kamelsafari macht man besser mit jemandem zusammen, alleine stell ich mir das doch eher öde vor.

4) Kostet das Reisen in den Norden, das Essen und die Unterkünfte dort auch überall Geld. Demnach ist es hier von Haus zu Haus zu reisen billiger.

5) Jetzt sind die Kontakte die ich habe noch frisch und so kann ich die Kids leichter finden, obwohl die meisten ihre Adresse nicht wissen oder gar keine haben.

6) Dadurch, dass ich bei wirklich armen Familien untergebracht sein werde, werde ich mehr von Indien sehen als jeder Tourist, der nur von einem Sightseeingplatz zum nächsten hechtet.

7) Außerdem lerne ich meine Kids dadurch noch besser kennen und das hilft mir vielleicht dabei ihnen hier im Hostel in meinen 2 letzten verbleibenden Schulmonaten noch mehr beizubringen.

8) Mache ich dadurch noch viel mehr Menschen glücklich, denn die Kids haben gemeint, sie, ihre Nachbarn und ihre Freunde/Familien werden es nie vergessen, wenn ich sie einmal zu Hause besucht habe. Was tatsächlich auch stimmt, denn ich habe schon beobachten können wie das Ansehen von Familien hier steigt nur dadurch, dass sie westliche Besucher oder gar Freunde haben, sowas verbreitet sich ziemlich schnell hier und dann bin ich mal gespannt was es für Auswirkungen hat, wenn ich sie auch noch mit der lokalen Sprache verblüffen kann... ;-)

Starten werde ich die Tour in 3 Tagen, wobei ich da nur 4 Tage lang durch die Häuser ziehen werde, denn dann kommen am 19.April Moritz und Marcus zu Besuch und mit ihnen reise ich erst mal von Bangalore über Hampi nach Goa und weiter bis zum 5.Mai und dann geht's weiter bis zum 1./2.Juni.

Stationen der Tour werden voraussichtlich diese sein: Gudalur, Ooty/Ootacamund, Kallar, Coimbatore, Palakkad/Palghat, Pollachi, Tiruppur, Erode, Salem, Tiruchirappalli/Trichy und Madurai.

Kurze Anmerkung nach dazu: Alle diese Städte befinden sich in Tamil Nadu bis auf Palakkad/Palghat das in Kerala liegt. Die Kids wohnen allerdings nicht in den Städten, sondern meist außerhalb, so dass sie nur diese Stadt angeben, aber eigentlich in einem anderen winzigen Dorf leben.

Es wird sicher hart werden, da ich erwarte, dass die meisten von ihnen keine Matratzen, kein fließendes Wasser, keine Toiletten und vielleicht auch keinen Strom haben, was auch heißt, dass ich wahrscheinlich erst mal für etwas länger von der Außenwelt abgeschnitten sein werde!

Freitag, 10. April 2009

Update Weltwärts 6.0

So ab heute steht euch nun auch der 6-Monate-Weltwärts-Bericht bereit. In ihm werden folgende Fragen thematisiert:

1.1 Wie hast du dich in deinem Projekt eingelebt?
1.2 Hast du das Gefühl, dich sinnvoll einbringen zu können?

2. Wie ist die Betreuung durch bzw. Zusammenarbeit mit deinem Ansprechpartner im Projekt?

3.1 Fühlst du dich wohl in deiner Gastsituation?
3.2 Hast du Freunde gefunden?

4.1 Was für Herausforderungen gab/gibt es?
4.2 Wie hast du diese bewältigt? Was sind deine kleinen „Erfolge“?

Bei Interesse einfach bei mir melden und ihr bekommt ihn frei Haus (VSK frei) geschickt... ;-)

Das Jahr der Abschiede

Langsam beschleicht mich das Gefühl, dass dieses ganze Jahr mich auf Abschiede im Leben vorbereitet.

Kaum hat man sich entschlossen in's Ausland zu gehen, schon muss man sich von seinen Liebsten am Flughafen verabschieden. Hier angekommen, geht es gleich weiter. Die einen gehen, die anderen kommen. Mitten im Jahr ist die Schülerfluktuation sehr groß, es sind schon über 10 Schüler/innen, die nach Hause gegangen sind und einfach nicht mehr zurück gekommen sind. Bei 3 (ca. 13-16 Jahre alt) weis ich, dass sie einfach so das Arbeiten angefangen haben, bei einer (15 Jahre alt), dass sie geheiratet hat und durchgebrannt ist. Anderen 3 Schülerinnen hat es hier im Hostel nicht gefallen und sind deswegen weg. Bei den anderen kann ich's mir nicht erklären, warum sie gehen.

Abgesehen davon verlassen einen auch viele andere liebgewonnene Menschen. Als erstes unsere beiden Köche Sivaraj & Marimuttu, die wahrscheinlich einfach zu wenig Geld bekommen haben.

Als nächstes ist dann Paula (ICJA) im Dezember nach Hause geflogen, dannach Mille (ICJA) Anfang Februar. Die nächsten von denen ich mich Mitte Februar verabschieden musste waren meine zwei an Herz gewachsenen Mitvolunteers Mo n Alisa...

Und als dies nicht genug wäre, kam noch gleich ein Doppel/Dreifachschlag. Denn am 8.April verließen mich und das Projekt alle 12 10.Klässler, die nun fertig sind mit der Schule und sich entweder weiterbilden oder das Arbeiten anfangen. Dazu gingen natürlich auch fast alle Schüler in die Ferien, von denen ich nicht weis, wie viele wirklich zurückkommen werden, da schon manch eine/r angekündigt hat, nicht wiederzukehren!

Nun der chronologisch letzte in der Reihenfolge, mein netter Mitvolunteer aus'm Projekt Ismat, der schon nach gut 2 Monaten hier das Projekt wechselt. Ich wünsche ihm viel Erfolg und frohes Schaffen in Dhartwart an der Kalkeri Music School.

Und die Abschiede haben noch kein Ende, denn dann wird jetzt bald auch noch Beth (ICYE England) aus Ooty, dann Vera (EVS) nach Hause fliegen und zum Schluß noch Anna und Helen auch noch vor mir.

Der härterste Abschiede wird dann der von meinen Kindern und meiner Familie hier sein, denn ich weis nicht, wann ich sie wieder sehen werde. Allein der Abschied von den 10.Klässlern hat einen tiefen Schnitt in mir gelassen, der noch frisch ist. Unglaublich wie ich sie in den 7 Monaten hier so in's Herz eingeschlossen habe!

Nun ja es besteht immer hin Hoffnung auch ein Wiedersehen irgendwann und außerdem heißt der Abschied hier, ein Willkommen im Heimatland... ;-)

Der Tinten-Feuer-Brauch

Es wird auch mal wieder Zeit, dass ich ein bisschen von der Kultur berichte, deshalb erkläre ich jetzt den Tinten-Feuer-Brauch... ;-)

Sonne strahlt, vereinzelte Schäfchenwolken am Himmel, eine Stimmung der Freiheit liegt in der Luft, Jubelschreie ertönen, die Kinder strömen aus der Schule, soweit sollte das Phänomen jeder kennen, na klar handelt es sich dabei um den Tag, an dem die Schule vorbei ist, Sommerferien sind angesagt!

Am 8. April war es soweit, die Sommerferien (8.April - 1.Juni) hatten begonnen, nun haben aber die indischen Kinder hier bei uns im Sri Sarguru Ashram einen eigenen Brauch um das zu feiern:

In einer holiartigen (Holi, eines der größten indischen Volksfeste, bei dem man wild in den Straßen rumläuft und jede/n mit farbigem Pulver beschmiert) Manier sprangen die Kinder rum, jagten einen Schüler nach dem anderen und bespritzen sich mit der Tinte ihrer Füller. Warum...? Weil das Jahr vorbei ist und die Schuluniform höchstwahrscheinlich nächstes Jahr sowieso überholt ist, wenn nicht kann man sie bis dahin vielleicht waschen... :)

War echt schön die Kinder so ausgelassen zu sehen!

Am Abend dann - was auch gerne bei deutschen Abiturienten gemacht wird - wurden kleine Lagerfeuer aus den Schulheften und Büchern gemacht, die sie nicht mehr brauchen, denn hier zählt ja in der Schule eh nur das "Learning by heart" (=Auswendiglernen), somit braucht auch kein Schüler ein altes Heft um etwas nachzuschlagen...

Nacht- und Nebelaktion

So hier mal kurz für alle die wissen wollen, was man so verrücktes in Indien machen kann.

Als wir grad von einem Besuch der Tennisfamily Heim gehen wollten, haben wir den rießigen Flutlichtstrahler entdeckt, der einfach so einen offenen Stromkasten hatte... aber am besten seht ihr selbst... hier der Link zum Video: http://erbluehe.blogspot.com/2009/04/operation-dark-light.html

Freitag, 3. April 2009

Alltagsarbeit bleibt immer noch Arbeit

So für all diejenigen die immer meinen, dass wir hier nicht arbeiten, denen wollte ich jetzt mal ganz ehrlich auflisten, was wir hier zur Zeit wirklich alles arbeiten und gleich noch eine Rechtfertigung hinter her, wir arbeiten "nur" das, weil uns alles andere verwehrt wird, weil sie hier keine Veränderung haben wollen und uns eigentlich nur hergeholt haben, damit sie Geld bekommen (2500 Rs pro Volunteer pro Monat) und wirkliche Mehrausgaben zu haben.

Aber nun zur Arbeit:

  • Morgenstunden beim HM bei der wir versuchen durch leichte Konversation ihm Englisch beizubringen. Außerdem lehren wir ihm jede Menge Sachen am Computer und im Internet, wo er mittlerweile durch unsere Hilfe schon mehr als ein Fortgeschrittener ist. Dazu kommen noch kleine Aufgaben: z. B. hab ich letztens für einen Vorgesetzten vom Headmaster ein Railway-Ticket online gebucht, geändert und ausgedruckt, oder ein anderes Mal, als ich einen Brief an einer Universität in seinem Namen schreiben musste, für die er Examen abhält,...
  • Gespräche mit den Kindern führen, die vor allem weil ich die Sprache spreche und wo anders herkomme, psychologisch wichtig für sie sind/sein können. Denn sonst haben sie nur die anderen Hostelkinder, die aus den selben Verhältnissen kommen wie sie, die Wardens, die auch wie sie aufgewachsen und erzogen wurden und auch aus den selben Verhältnissen kommen und dann natürlich noch die 2 "Chefs" Nagaraj & Siva, die beide korrupt sind, sich nicht wirklich Zeit nehmen für ausführliche Gespräche und auch keine Ahnung von der Welt um sich rum haben. So ist es enorm wichtig für sie, dass sie jemanden zum Reden haben, der die Welt auch von der anderen Seite kennt. Außerdem bin ich 24h/7 für sie verfügbar.
  • Erklärungen für die Kinder Geographieunterricht geben. Neben sich einfach so zu unterhalten versuche ich Ihnen auch was beizubringen von der Welt. So gebe ich sozusagen z. B.und erkläre ihnen, wo Deutschland, England, Australien oder die USA liegen und was man da für verschiedene Kulturen hat. Warum ein Deutscher oder ein Ami nicht unbedingt immer soviel mehr Geld zum Ausgeben hat wie ein Inder oder was genau ein USB-Stick ist und warum man so etwas ganz nützlich ist usw. Auch ganz unerwartet Fragen kommen dann auch manchmal zu Tage. Letztens musste ich z. B. sexuelle Aufklärung machen, denn so was wird in Indien gar nicht in der Schule gemacht. So musste ich einem 10. Klässler erklären was Kondome sind und für was man die gebraucht usw. Naja was soll ich sagen, ich dachte nicht, dass ich das so früh im Leben schon mal erklären muss, aber ich glaube ich habe mich wacker geschlagen...
  • Englisch unterrichten tun wir auch, wenn es auch offiziell erst ab nächstem Schuljahr in der Schule dürfen. Aber so versuche ich es immer wieder neben bei einzubauen, was sehr schwer ist, denn mit mir reden alle Tamil, weil sie wissen, dass ich es kann. Aber versteckt lernen sie dazu, wenn es auch nur darum geht, wie man höflich auf Englisch um Eintritt erbittet oder etwas ausleihen will. Am meisten lernen sie, wenn sie mit jemandem reden müssen der nur Englisch kann. So hab ich Alisa n Mo letztens angerufen und hab die Kids reden lassen, die so dann bei jedem zweiten Satz nach gefragt haben, wie man das jetzt fragt...
  • Nachhilfe geben und bei den Hausaufgaben helfen haben wir zwar in letzter Zeit eher weniger, allerdings tun wir es dennoch ab und zu, obwohl wir ihnen nicht all zu viel dabei helfen können, da selbst in Mathe die Aufgaben dann in Tamil zu erklären einfach zu schwer für mich ist. Aber in Englisch geht es, wenn sie nur wollen!
  • Spielen mit den Kids kann man auch herunter spielen als keine Arbeit, aber es ist es eben doch, denn man kann ihnen erstens auch das näher beibringen und lernt ihnen unterdessen vielleicht noch ein paar Tugenden wie Gemeinschaftsinn oder ähnliches...
  • Geräte/Spiele ausleihen ist auch Arbeit. Vor allem, wenn man wie ich meistens um 7 Uhr morgens dafür extra aufsteht und dann fast alle 10 Minuten jemand kommt und man immer alles eintragen muss... und dazu noch aufpassen muss, dass auch alles wieder heil zurück kommt.
  • Kreativ sein heißt außerdem die Parole, wenn dann mal nichts zu tun ist, dann muss man sich eben was einfallen lassen oder sich andere Arbeit beschaffen. Wie z. B. Fußballtraining oder auch wie jetzt, ich mache gerade Abschiedsgeschenke für die 10. Klässler, die ab dem 8. April die Schule und das Hostel für immer verlassen, was für sehr traurig ist, denn unter ihnen sind einige meiner Lieblingskinder. Wir machen ihnen jetzt allen einen Becher eingraviert mit unseren und ihren Namen, dazu bekommt jede/r ein Gruppenbild plus bis zu 3 Bilder von ihnen (und Freunden), die ich im Laufe der letzten 7 Monaten hier gemacht habe. Bilder aus 16 GB Fotos auszusuchen ist auch nicht gerade wenig... ;-)
  • Ansonsten werden wir dann doch auch mal ab und zu in's Geschehen vom Ashram mit eingebunden und dürfen zum Beispiel beim Verteilen von Sachen helfen oder müssen bestimmte Sachen weitergeben oder darauf aufpassen, dass die Kinder ruhig sind, usw.
So ich hoffe ich habe alle meine Kritiker hiermit zum Verstummen gebracht... ;-)