Freitag, 10. April 2009

Update Weltwärts 6.0

So ab heute steht euch nun auch der 6-Monate-Weltwärts-Bericht bereit. In ihm werden folgende Fragen thematisiert:

1.1 Wie hast du dich in deinem Projekt eingelebt?
1.2 Hast du das Gefühl, dich sinnvoll einbringen zu können?

2. Wie ist die Betreuung durch bzw. Zusammenarbeit mit deinem Ansprechpartner im Projekt?

3.1 Fühlst du dich wohl in deiner Gastsituation?
3.2 Hast du Freunde gefunden?

4.1 Was für Herausforderungen gab/gibt es?
4.2 Wie hast du diese bewältigt? Was sind deine kleinen „Erfolge“?

Bei Interesse einfach bei mir melden und ihr bekommt ihn frei Haus (VSK frei) geschickt... ;-)

Das Jahr der Abschiede

Langsam beschleicht mich das Gefühl, dass dieses ganze Jahr mich auf Abschiede im Leben vorbereitet.

Kaum hat man sich entschlossen in's Ausland zu gehen, schon muss man sich von seinen Liebsten am Flughafen verabschieden. Hier angekommen, geht es gleich weiter. Die einen gehen, die anderen kommen. Mitten im Jahr ist die Schülerfluktuation sehr groß, es sind schon über 10 Schüler/innen, die nach Hause gegangen sind und einfach nicht mehr zurück gekommen sind. Bei 3 (ca. 13-16 Jahre alt) weis ich, dass sie einfach so das Arbeiten angefangen haben, bei einer (15 Jahre alt), dass sie geheiratet hat und durchgebrannt ist. Anderen 3 Schülerinnen hat es hier im Hostel nicht gefallen und sind deswegen weg. Bei den anderen kann ich's mir nicht erklären, warum sie gehen.

Abgesehen davon verlassen einen auch viele andere liebgewonnene Menschen. Als erstes unsere beiden Köche Sivaraj & Marimuttu, die wahrscheinlich einfach zu wenig Geld bekommen haben.

Als nächstes ist dann Paula (ICJA) im Dezember nach Hause geflogen, dannach Mille (ICJA) Anfang Februar. Die nächsten von denen ich mich Mitte Februar verabschieden musste waren meine zwei an Herz gewachsenen Mitvolunteers Mo n Alisa...

Und als dies nicht genug wäre, kam noch gleich ein Doppel/Dreifachschlag. Denn am 8.April verließen mich und das Projekt alle 12 10.Klässler, die nun fertig sind mit der Schule und sich entweder weiterbilden oder das Arbeiten anfangen. Dazu gingen natürlich auch fast alle Schüler in die Ferien, von denen ich nicht weis, wie viele wirklich zurückkommen werden, da schon manch eine/r angekündigt hat, nicht wiederzukehren!

Nun der chronologisch letzte in der Reihenfolge, mein netter Mitvolunteer aus'm Projekt Ismat, der schon nach gut 2 Monaten hier das Projekt wechselt. Ich wünsche ihm viel Erfolg und frohes Schaffen in Dhartwart an der Kalkeri Music School.

Und die Abschiede haben noch kein Ende, denn dann wird jetzt bald auch noch Beth (ICYE England) aus Ooty, dann Vera (EVS) nach Hause fliegen und zum Schluß noch Anna und Helen auch noch vor mir.

Der härterste Abschiede wird dann der von meinen Kindern und meiner Familie hier sein, denn ich weis nicht, wann ich sie wieder sehen werde. Allein der Abschied von den 10.Klässlern hat einen tiefen Schnitt in mir gelassen, der noch frisch ist. Unglaublich wie ich sie in den 7 Monaten hier so in's Herz eingeschlossen habe!

Nun ja es besteht immer hin Hoffnung auch ein Wiedersehen irgendwann und außerdem heißt der Abschied hier, ein Willkommen im Heimatland... ;-)

Der Tinten-Feuer-Brauch

Es wird auch mal wieder Zeit, dass ich ein bisschen von der Kultur berichte, deshalb erkläre ich jetzt den Tinten-Feuer-Brauch... ;-)

Sonne strahlt, vereinzelte Schäfchenwolken am Himmel, eine Stimmung der Freiheit liegt in der Luft, Jubelschreie ertönen, die Kinder strömen aus der Schule, soweit sollte das Phänomen jeder kennen, na klar handelt es sich dabei um den Tag, an dem die Schule vorbei ist, Sommerferien sind angesagt!

Am 8. April war es soweit, die Sommerferien (8.April - 1.Juni) hatten begonnen, nun haben aber die indischen Kinder hier bei uns im Sri Sarguru Ashram einen eigenen Brauch um das zu feiern:

In einer holiartigen (Holi, eines der größten indischen Volksfeste, bei dem man wild in den Straßen rumläuft und jede/n mit farbigem Pulver beschmiert) Manier sprangen die Kinder rum, jagten einen Schüler nach dem anderen und bespritzen sich mit der Tinte ihrer Füller. Warum...? Weil das Jahr vorbei ist und die Schuluniform höchstwahrscheinlich nächstes Jahr sowieso überholt ist, wenn nicht kann man sie bis dahin vielleicht waschen... :)

War echt schön die Kinder so ausgelassen zu sehen!

Am Abend dann - was auch gerne bei deutschen Abiturienten gemacht wird - wurden kleine Lagerfeuer aus den Schulheften und Büchern gemacht, die sie nicht mehr brauchen, denn hier zählt ja in der Schule eh nur das "Learning by heart" (=Auswendiglernen), somit braucht auch kein Schüler ein altes Heft um etwas nachzuschlagen...

Nacht- und Nebelaktion

So hier mal kurz für alle die wissen wollen, was man so verrücktes in Indien machen kann.

Als wir grad von einem Besuch der Tennisfamily Heim gehen wollten, haben wir den rießigen Flutlichtstrahler entdeckt, der einfach so einen offenen Stromkasten hatte... aber am besten seht ihr selbst... hier der Link zum Video: http://erbluehe.blogspot.com/2009/04/operation-dark-light.html

Freitag, 3. April 2009

Alltagsarbeit bleibt immer noch Arbeit

So für all diejenigen die immer meinen, dass wir hier nicht arbeiten, denen wollte ich jetzt mal ganz ehrlich auflisten, was wir hier zur Zeit wirklich alles arbeiten und gleich noch eine Rechtfertigung hinter her, wir arbeiten "nur" das, weil uns alles andere verwehrt wird, weil sie hier keine Veränderung haben wollen und uns eigentlich nur hergeholt haben, damit sie Geld bekommen (2500 Rs pro Volunteer pro Monat) und wirkliche Mehrausgaben zu haben.

Aber nun zur Arbeit:

  • Morgenstunden beim HM bei der wir versuchen durch leichte Konversation ihm Englisch beizubringen. Außerdem lehren wir ihm jede Menge Sachen am Computer und im Internet, wo er mittlerweile durch unsere Hilfe schon mehr als ein Fortgeschrittener ist. Dazu kommen noch kleine Aufgaben: z. B. hab ich letztens für einen Vorgesetzten vom Headmaster ein Railway-Ticket online gebucht, geändert und ausgedruckt, oder ein anderes Mal, als ich einen Brief an einer Universität in seinem Namen schreiben musste, für die er Examen abhält,...
  • Gespräche mit den Kindern führen, die vor allem weil ich die Sprache spreche und wo anders herkomme, psychologisch wichtig für sie sind/sein können. Denn sonst haben sie nur die anderen Hostelkinder, die aus den selben Verhältnissen kommen wie sie, die Wardens, die auch wie sie aufgewachsen und erzogen wurden und auch aus den selben Verhältnissen kommen und dann natürlich noch die 2 "Chefs" Nagaraj & Siva, die beide korrupt sind, sich nicht wirklich Zeit nehmen für ausführliche Gespräche und auch keine Ahnung von der Welt um sich rum haben. So ist es enorm wichtig für sie, dass sie jemanden zum Reden haben, der die Welt auch von der anderen Seite kennt. Außerdem bin ich 24h/7 für sie verfügbar.
  • Erklärungen für die Kinder Geographieunterricht geben. Neben sich einfach so zu unterhalten versuche ich Ihnen auch was beizubringen von der Welt. So gebe ich sozusagen z. B.und erkläre ihnen, wo Deutschland, England, Australien oder die USA liegen und was man da für verschiedene Kulturen hat. Warum ein Deutscher oder ein Ami nicht unbedingt immer soviel mehr Geld zum Ausgeben hat wie ein Inder oder was genau ein USB-Stick ist und warum man so etwas ganz nützlich ist usw. Auch ganz unerwartet Fragen kommen dann auch manchmal zu Tage. Letztens musste ich z. B. sexuelle Aufklärung machen, denn so was wird in Indien gar nicht in der Schule gemacht. So musste ich einem 10. Klässler erklären was Kondome sind und für was man die gebraucht usw. Naja was soll ich sagen, ich dachte nicht, dass ich das so früh im Leben schon mal erklären muss, aber ich glaube ich habe mich wacker geschlagen...
  • Englisch unterrichten tun wir auch, wenn es auch offiziell erst ab nächstem Schuljahr in der Schule dürfen. Aber so versuche ich es immer wieder neben bei einzubauen, was sehr schwer ist, denn mit mir reden alle Tamil, weil sie wissen, dass ich es kann. Aber versteckt lernen sie dazu, wenn es auch nur darum geht, wie man höflich auf Englisch um Eintritt erbittet oder etwas ausleihen will. Am meisten lernen sie, wenn sie mit jemandem reden müssen der nur Englisch kann. So hab ich Alisa n Mo letztens angerufen und hab die Kids reden lassen, die so dann bei jedem zweiten Satz nach gefragt haben, wie man das jetzt fragt...
  • Nachhilfe geben und bei den Hausaufgaben helfen haben wir zwar in letzter Zeit eher weniger, allerdings tun wir es dennoch ab und zu, obwohl wir ihnen nicht all zu viel dabei helfen können, da selbst in Mathe die Aufgaben dann in Tamil zu erklären einfach zu schwer für mich ist. Aber in Englisch geht es, wenn sie nur wollen!
  • Spielen mit den Kids kann man auch herunter spielen als keine Arbeit, aber es ist es eben doch, denn man kann ihnen erstens auch das näher beibringen und lernt ihnen unterdessen vielleicht noch ein paar Tugenden wie Gemeinschaftsinn oder ähnliches...
  • Geräte/Spiele ausleihen ist auch Arbeit. Vor allem, wenn man wie ich meistens um 7 Uhr morgens dafür extra aufsteht und dann fast alle 10 Minuten jemand kommt und man immer alles eintragen muss... und dazu noch aufpassen muss, dass auch alles wieder heil zurück kommt.
  • Kreativ sein heißt außerdem die Parole, wenn dann mal nichts zu tun ist, dann muss man sich eben was einfallen lassen oder sich andere Arbeit beschaffen. Wie z. B. Fußballtraining oder auch wie jetzt, ich mache gerade Abschiedsgeschenke für die 10. Klässler, die ab dem 8. April die Schule und das Hostel für immer verlassen, was für sehr traurig ist, denn unter ihnen sind einige meiner Lieblingskinder. Wir machen ihnen jetzt allen einen Becher eingraviert mit unseren und ihren Namen, dazu bekommt jede/r ein Gruppenbild plus bis zu 3 Bilder von ihnen (und Freunden), die ich im Laufe der letzten 7 Monaten hier gemacht habe. Bilder aus 16 GB Fotos auszusuchen ist auch nicht gerade wenig... ;-)
  • Ansonsten werden wir dann doch auch mal ab und zu in's Geschehen vom Ashram mit eingebunden und dürfen zum Beispiel beim Verteilen von Sachen helfen oder müssen bestimmte Sachen weitergeben oder darauf aufpassen, dass die Kinder ruhig sind, usw.
So ich hoffe ich habe alle meine Kritiker hiermit zum Verstummen gebracht... ;-)

Donnerstag, 2. April 2009

Kugelschreiberwahl II + "Schoolpen-Spiel"

Na kommt Euch das Thema bekannt vor...? Jaa, genau, ich hatte eine Wahl von Kugelschreibern veranstaltet bevor ich nach Indien gekommen bin.

Nun war es mal anders rum. Dave hatte nämlich in meinem Auftrag von meiner Mum 100 Kugelschreiber (ja ich bin ein Meister im Kugelschreibersammeln) mitgebracht, die ich an die Kinder verteilen wollte.

Ihr auch noch mal vielen Dank für die ganzen Sachen, die Du mitgebracht hast David!

Auf jeden Fall wollte ich, dass jede/r einen bekommt, also hab ich mit der Hilfe des HMs (=Headmaster) eine Liste aller Hostelkids angefertigt. Unser Management hätte mir niemals dabei geholfen (ich versuche schon seit 7 Monaten endlich eine Liste zu bekommen), deswegen der HM.

Dann bin ich in Abends in die Hostel und hab jede/n selber aussuchen lassen, denn ich wollte, dass sie mit ihrem Stift zufrieden sind und nicht, dass am Ende wieder alle kommen und tauschen wollen.

Und tatsächlich haben sich die meisten alle Zeit der Welt genommen um ihren persönlichen "german schoolpen" auszuwählen, teilweise hat es an die 5 Minuten gedauert!-)

Am Ende sind zwar doch noch ein paar gekommen, die tauschen wollten, aber die meisten von ihnen hab ich erst mal auf Morgen vertrostet.

Aber war cool zu sehen, dass sie das selbe Prozedere wie ich durchlaufen sind. Und am Ende war es natürlich wieder eine Genugtuung zu sehen, wie sich einige rießig gefreut haben und mir "Thank You", "Super-Pen", "Very good" und ähnliches hinterher gerufen haben!

Unglaublich wie sie sich immer über so kleine Sachen freuen können!

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Aber wenn ich jetzt schon über Kugelschreiber schreibe, dann muss ich Euch auch noch das bei manchen Indientravelern bekanntes "Schoolpen-Spiel" vorstellen.

Und zwar wird das angeblich hauptsächlich im Norden Indiens gespielt. Und es geht so. Das Phenomen kennt in Indien fast jeder Tourist, er wird von einer/einem Schüler/in angehalten und nach einem "Schoolpen" gefragt. Allerdings besagt angeblich die Spielregel, dass es ein Spiel ist. Das heißt, dass wenn man im Norden die Kinder nach einem Schoolpen fragt, bevor sie es schaffen einen selbst zu fragen, müssen sie einen abdrücken. Was ziemlich lustig klingt, muss natürlich nicht wahr sein, aber ich gebe mein bestes diese Legende weiter zu verbreiten und es wird sicher ein Gerücht bleiben, denn niemand will die Kinder eines Schoolpens berauben, allerdings ist die Idee dieses Spiels schon ziemlich lustig!

April onne... :)

Für alle, die nicht wussten, dass der 1.April international ist, denen sei gesagt: Ja, er ist es!-)

Um kurz nach 5 Uhr wurde ich schon von unserem männlichen Warden Gopi aus dem Bett geklopft, nur dabei dachte ich mir, dass das ein schlechter Aprilscherz ist und da ich immer der erste bin, der die Türen von der Ausländer-WG im Ashram öffnet, ist Gopi leer ausgegangen, weil ich keine Lust hatte schon so früh aufzustehen!

Um 6 Uhr klopfte es aber wieder, da es dieses Mal die freundlicheren Stimmen von zwei meiner Mädels Loogu & Sasi waren, bin ich auf gestanden und hab ihnen die Türe geöffnet. Prasanth stand lächelnd dabei und meinte nur "Aufpassen Akil, aufpassen...!", was ich aber verschlafen völlig verplant hab.

So haben mir die 2 Mädels weiß gemacht, dass Pathi (tamil: Oma), also unsere Köchin jetzt bald nach Hause geht und schon fertig gekocht hat und ich das Essen für uns 3 Volunteers in der Küche abholen soll... Kam mir zwar komisch vor, aber hey es ist !ncredible India... also bin ich mit den beiden los, als sie sodann mit Prasanth in Gelächter ausgebrochen sind und grinsend gemeint haben: "April onne...!" (tamil: erster April) und ich konnte mir nur an die Stirn fassen und bin wieder zurück in's Bett, von ich mich halb tot gelacht hab, weil ich tatsächlich drauf reingefallen bin...

Dafür durften dann Ismat und Latha (weiblicher Warden) dran glauben. "Tschetschi" (malayalam: große Schwester) hat dann gemeint, ich solle doch jemanden von zu Hause den ich mag, veräppeln, woraufhin ein paar E-Mails verschickt wurden... ;-)

P.S.: Das mit dem Handy, dass in's Wasser gefallen ist war leider kein Aprilscherz. Es ging danach nicht mehr, aber ich bin ja in Indien. Da bin ich einfach auf den Markt, sie haben das Mikrofon für 80 Rs ausgetauscht und schon funktioniert mein Handy wieder, als ruft mich an... ;-)